Ab 1870 entstand in der Gegend um den Wannsee eine Kulturlandschaft, die während des Kaiserreiches und der Weimarer Republik in Berlin, vielleicht sogar in ganz Deutschland, einzigartig war.

In der noch unberührten Seenlandschaft vor den Toren Berlins war nach 1870 die Colonie Alsen entstanden, die vier Jahre später durch die Wannseebahn mit der Stadt verbunden wurde. Die vornehme Villenkolonie bestand zunächst aus Sommersitzen, später richteten dort immer mehr Berliner Großbürger – Industrielle, Bankiers und Künstler – ihren Wohnsitz ein.

Als 1906 ein weiteres Stück Land am Großen Wannsee parzelliert und verkauft wurde, kam es zu einem regelrechten Bauboom. Die Wassergrundstücke waren sehr begehrt und Max Liebermann konnte eines der letzten erwerben. Zu den gesellschaftlich angesehenen Nachbarn der Liebermanns gehörten die Oppenheimer, die damals eine der weltweit größten Cezanne-Sammlungen besaßen und die Verleger Carl Langenscheidt und Ferdinand Springer.

Mit ihrer landschaftlichen Schönheit erweckte die Region am Wannsee Assoziationen an die Atmosphäre oberitalienischer Seen. Das am klassischen Bildungsideal orientierte Großbürgertum schuf sich hier mit seinen repräsentativen Villen und den prächtigen Gartenanlagen mit exotischer Bepflanzung eine südländisch anmutende Traumlandschaft, das bürgerliche Pendant zum hohenzollernschen Arkadien, welches – eine Generation zuvor – der königliche Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné nur wenige Kilometer entfernt um die Residenzstadt Potsdam geschaffen hatte.

In der Zeit des Nationalsozialismus mussten jüdische Villenbewohner, wie der Bankier Arnold und der Verleger Springer, die Kolonie zwangsweise verlassen. Andere verloren durch den Krieg Vermögen, Villen und Grundstücke.