Schloss Drachenburg

Bauherr der Drachenburg war Baron von Sarter, der 1833 als Sohn einer Bonner Gastwirtsfamilie geboren wurde. Von Sarter schlug nach einer Lehre bei einem Privatbankhaus und späterer Tätigkeit im Kölner Bankhaus Salomon Oppenheim die Laufbahn eines Finanzpublizisten an der Pariser Börse ein. Er veröffentlichte eine eigene Börsenzeitung und brachte Broschüren für wichtige Finanzierungsprojekte seiner Zeit heraus, u.a. für den Suez- und den Panamakanal. 1881 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. Ein Jahr später begann er auf einem großen Gelände am Drachenfels, das er kurze Zeit zuvor gekauft hatte, mit den Bauarbeiten zu Schloss Drachenburg. Namhafte Architekten, Bildhauer, Maler, Glasmaler und Handwerksfirmen aus dem In- und Ausland arbeiteten drei Jahre an der Fertigstellung des Schlosses. Die Düsseldorfer Architekten Bernhard Tüshaus und Leo von Abbema und in Erweiterung der Kölner Architekt Wilhelm Hoffmann lieferten die Baupläne. Als Material wurden vulkanisches Gestein aus dem benachbarten Siebengebirge für den Unterbau sowie gewaltige Sandsteinblöcke aus der Eifel für Wandverkleidungen und plastischen Bauschmuck verwendet. 1884 war der Baukörper fertiggestellt.

Mit dem Ausbruch der Französischen Revolution ist dem Schlossbau oft das Ende nachgesagt worden. Doch handelt es sich nach dieser tiefgreifenden gesellschaftlichen Umwälzung vielmehr um eine Krise des Schlossbaus, die eine umfassende Strukturumwandlung nach sich zieht. Die Revolution ist der Auslöser für eine Entwicklung vom Adels- zum Bürgerschloss. Die Schicht der Auftraggeber hat sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts gewandelt, obwohl auch der adelige Schlossbau weiter gepflegt wurde. Mit der Privatisierung des Schlossbaus geht eine typologische und stilistische Entfernung vom herkömmlichen Schlossbau einher. Fehlende Tradition suchte der bürgerliche Bauherr durch stilistische Rückgriffe auf vergangene Stilepochen zu kompensieren.

Am Beispiel der Drachenburg zeigt sich dies in der Anwendung gotischer Formen, von staufischen Elementen bis hin zur hochgotischen Wandauflösung. Durch die malerische Gestaltung wird der Eindruck eines über einen langen Zeitraum gewachsenen Gebildes erzeugt, wie ihn mittelalterliche Burgen und Schlösser vermitteln. Mauer, Zinnen, Burgtor und Türme verweisen auf den Burgenbau. Mit ihrer Lage setzt die Drachenburg die Tradition der mittelalterlichen Rheinburgen fort. Doch schon die Bezeichnung „Schloss Drachenburg“ bezieht beides – Schloss und Burg – in die Frage nach dem Bautyp ein. Auf den Bauherren könnte man polemisch den Spruch „Adel verpflichtet“ anwenden, da er im Jahr nach seiner Nobilitierung mit dem Schlossbau beginnt.

Schlosscharakter kann die Drachenburg eher im Inneren mit ihren Zimmerfluchten und ihrer Ausstattung beanspruchen. Dem Typus des Schlosses am nächsten kommt die Vorburg, die ihrerseits aber wiederum dem Burgenbau entlehnt ist. Betrachtet man nur den Kernbau der Drachenburg, so erscheint sie im Grund- und Aufriss den zeitgenössischen repräsentativen Villen verwandt: zweigeschossig mit Treppenhaus, Empfangssaal, Speisezimmer, Bibliothek, Herrenzimmer und Privaträume. In der Gesamterscheinung weicht sie aber wieder vom blockhaften vierseitigen Villentypus ab.

So erweist sich die Drachenburg als ein besonderer Typus, der eine Synthese von Burg-, Schloss- und Villenarchitektur darstellt. Die Drachenburg verkörpert gleichzeitig den Höhepunkt und auch die Endphase in der Entwicklung des Schlossbaus im Historismus. Als weiteres Merkmal tritt der lokale Bezug hinzu, der sich in Architekturzitaten aus der Kölner Bautradition bemerkbar macht. Dazu gehören die Kirchen der Stauferzeit und der Kölner Dom ebenso wie die profane Architektur des Mittelalters und des 19. Jahrhunderts, wie sie sich z.B. im Severinstor, dem Hansesaal des Rathauses oder im alten Wallraf-Richartz-Museum zur damaligen Zeit präsentierte.

Der Text wurde aus folgenden Quellen zusammengestellt:
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Hrsg. (1990): Schloss Drachenburg in Königswinter. Rheinische Kunststätten. Heft 357, S. 20 ff.

Hormisch, Nadja: Der Park von Schloss Drachenburg in Königswinter. In: Landschaftsverband Rheinland, Hrsg. (2003): Gartenkultur im Rheinland. Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 60. S. 141 ff. Petersberg

NRW-Stiftung, Hrsg. (2010): Schloss Drachenburg. Historistische Burgenromantik am Rhein. Berlin, München