Ausgrabungen im barocken Konventgarten des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts
Leider ist die Quellenlage zum Dalheimer Konventgarten insgesamt nicht sehr umfangreich. Ob und in welcher Form bereits im Mittelalter südlich des Klosters Gärten angelegt waren, ist nicht bekannt. Schriftquellen zu den Außenanlagen existieren für diese Zeit nicht.
Ein Ölgemälde von Carl Fabritius aus dem Jahr 1665 ist die älteste bildliche Darstellung des Klosters, die vielleicht dennoch einen vagen Eindruck von dem Aussehen dieses Areals vermitteln kann. (Abb. 1) Das Bild zeigt die Ostseite des Klosters. Auf der linken Seite des hier wiedergegebenen Ausschnitts ist über der Ruine des alten Klosters im Tal die Umfassungsmauer abgebildet, die sich den Hang hinauf erstreckt. Wenn man der Darstellung glauben darf, scheint diese Mauer wesentlich näher bei den Klausurgebäuden gelegen zu haben als die heutige. Auf der Höhe des Ostflügels ist eine steile Böschung zu erkennen, die vermuten läßt, daß das Gelände vor dem Südflügel möglicherweise bereits terrassiert war. Leider ist gerade diese Partie des Gemäldes stark zerstört und wurde umfangreich ergänzt. Es ist daher nicht eindeutig zu beurteilen, wie realitätsgetreu dieser Befund den spätmittelalterlichen Zustand wiedergibt. Über das Aussehen des Konventgartens in den folgenden Jahrzehnten ist nichts überliefert.
Erst aus der Zeit der Anlage des barocken Gartens unter dem Priorat von Bartholdus Schonlau (1708–1730) liegen wieder historische Nachrichten vor. Allerdings sind auch für diese Phase bisher keine Schriftquellen bekannt. Insbesondere existieren keine Materialien zu Planung und Bau der Gartenanlage, wie sie zu anderen Orten häufiger überliefert sind. Auch ist nichts über den Architekten der Anlage bekannt, obwohl aus formalen Gründen verschiedentlich Franz Christoph Nagel als Urheber der Gartengestaltung vermutet wurde. Neue Erkenntnisse könnte in diesem Zusammenhang aber vielleicht noch die Erforschung der Dalheimer Rechnungsbücher erbringen.
Die wichtigste Quelle zur Neugestaltung des Gartens in dieser Zeit ist wieder ein Gemälde, das Prior Prosper Westrup um 1740 von einem unbekannten Meister malen ließ. Und entgegen anfänglicher Zweifel bestätigte sich im Verlauf der Untersuchungen der Eindruck, daß es den zeitgenössischen Zustand des Gartens nicht nur sehr detailliert, sondern auch mit außergewöhnlicher Realitätstreue wiedergibt. (Abb. 2)
Das Bild zeigt die Klosteranlage von einem erhöhten Standpunkt im Westen aus gesehen. Durch die gewählte Perspektive erscheint die Anlage überlängt und insbesondere im Bereich des hier betrachteten Gartenteils verzerrt. Dennoch ist die Struktur der Klosteranlage deutlich zu erkennen. Entlang einer mittleren Hauptachse, einer Parallele zur ostwestlichen Hauptachse der Klausurgebäude, reihen sich mindestens fünf Geländeterrassen von der westlichen Umfassungsmauer bis zu den großen Teichanlagen in der Talsohle. Während die obere sichtbare Terrasse scheinbar nur durch eine leichte Böschung von der darunter liegenden abgegrenzt ist, hier dargestellt als dunkler Streifen zwischen den Bäumen, ist der Niveauunterschied zur nächsten ungleich größer. Eine tiefeingeschnittene Wangentreppe oder Rampe führt auf dem mittleren Weg hinunter zu einer Hauptterrasse mit einem runden Brunnen. Die Fläche um den Brunnen ist in vier große geometrische Felder aufgeteilt, eingerahmt von niedrigen Hecken. Darin ist eine unregelmäßige Beetstruktur zu erkennen, durch die braune Färbung deutlich abgesetzt von den umgebenden Rasenflächen oder anderen Flächen des Gartens – als ob der Bereich gerade neu bepflanzt werden sollte.
Im Süden ist die Terrasse begrenzt durch eine doppelte hohe Heckenreihe in der Wegachse. In den Ecken vorgelagerte Heckenlauben betonen den Raum, der zwischen der Südfassade der Klausur, der Terrassenmauer und der übermannshohen Hecke entsteht. Auf der mittleren Querachse, mit dem runden Brunnen, gibt eine Lücke in der Hecke den Blick frei nach Süden auf den Bereich hinter der geometrisch gestalteten Fläche. Um einen großen freistehenden Baum ist dort eine hölzerne Kanzel angebracht. Eine Baumreihe und eine kleine Skulptur, vielleicht eine Sonnenuhr, betonen den östlichen Querweg, der auf den mittleren Eingang des Südflügels ausgerichtet ist und in der Verlängerung die Querachse des Kreuzhofs aufnimmt.
Weiter talabwärts, von der Hauptterrasse abgesetzt durch eine Hecke und durch einen deutlichen Höhenunterschied, schließt sich eine schmale Hangstufe mit unregelmäßigem Baumbestand an. Dem an dieser Stelle steiler werdenden Geländeverlauf folgend ist der Mittelweg tief in die Stufe zur nächsten Terrasse eingeschnitten. Die scharf abgesetzte Kontur des Einschnitts in der Darstellung deutet auch hier auf eine Mauer als Hangbefestigung.
Die nächste Terrasse, die offenbar in einer Linie mit den Klausurgebäuden im Osten endet, scheint wieder ganz symmetrisch angelegt zu sein. Eine umfassende Baumreihe – die unterschiedlich dargestellten Kronen deuten vielleicht auf verschiedene Obstbäume – rahmt das Karree. Die Mitte der Fläche ist durch ein großes quadratisches Wasserbecken markiert. Die wenig aus der Fläche herausragende profilierte Einfassung des Beckens teilt die Wasserfläche in vier quadratische Segmente, aus deren Mitte eine Fontäne aufsteigt.
Ein weiterer tiefer Einschnitt führt unterhalb des Beckens hinab zu den beiden großen Teichen, die von Baumreihen umstanden beinahe die gesamte Fläche bis zur umfassenden Klostermauer einnehmen.
Ebenfalls aus der Zeit um 1740 stammt eine Zeichnung der Klosteranlage. Die gewählte Perspektive, aber auch Details wie die Gestaltung der Bäume oder der Dachlandschaft belegen jedoch unzweifelhaft, daß es sich bei dieser Darstellung um eine Wiedergabe der Schonlau-Vedute und keine eigenständige Ansicht handelt. Ob die Broderien, die auf dieser Zeichnung die Hauptterrasse schmücken, tatsächlich der Realität entsprachen oder nur phantasievolle Ausschmückung sind, muß daher wohl offen bleiben. (Abb. 3)
Andere Bildquellen zum Dalheimer Konventgarten sind nicht bekannt. Neben den bisher noch nicht vollständig ausgewerteten Rechnungsbüchern kommt für diese Untersuchung jedoch noch eine Anzahl von Vermessungsplänen in Betracht, die mit einer Ausnahme in der Zeit nach der Auflösung des Klosters im Jahre 1803 angefertigt wurden. Leider liefern die Pläne aber kaum verwertbare Belege für die weitere Geschichte des Gartens, da bei der Vermessung offenbar die Gebäude und die Umfassungsmauer im Zentrum der Betrachtung standen und die Strukturen des Gartens höchstens summarisch angegeben wurden. Beispielsweise ist in dem Vermessungsplan von Heinrich Friedrich Deichmann aus dem Jahr 1797 weder das quadratische Brunnenbecken noch die Böschung oder Mauer zur darüber liegenden Terrasse verzeichnet. Daß mindestens die Terrassenstufe damals noch vorhanden gewesen sein muß, belegt dagegen eine noch auf einem Vermessungsplan von 1827 eingezeichnete Treppe. Mit einiger Vorsicht kann man aus den Plänen dennoch erschließen, daß die meisten baulichen Elemente, die Treppen und Brunnenanlagen des Gartens spätestens gegen 1840 nicht mehr obertägig sichtbar waren. (Abb. 4)
Grabungsergebnisse
Der zu Beginn der Untersuchungen im Jahr 2004 vorgefundene Zustand des Konventgartens ist ganz offensichtlich in weiten Teilen noch stark von der Neugestaltung der Anlage unter dem Priorat von Bartholdus Schonlau geprägt. Vor allem im oberen, westlichen Teil des Gartens sind die damals angelegten und in der Vedute dargestellten Terrassierungen deutlich und scharf abgegrenzt im Geländerelief abzulesen. Allerdings ist in diesen Flächen – wohl auch bedingt durch die neuzeitliche Nutzung als Viehweide und Reitplatz – kein alter Baumbestand mehr vorhanden. Lediglich entlang der Klostermauer scheint der Standort einiger alter Linden mit den Hauptachsen des barocken Gartens zu korrespondieren.
Umgestaltungen aus der Zeit nach der Auflösung des Klosters sind im Bereich des um 1840 angelegten Kartoffelkellers mit dem dazugehörigen Waschhaus deutlich zu erkennen. Unklar war dagegen zunächst der Befund in der östlichen Hälfte des Gartens zwischen den noch gut auszumachenden verlandeten Teichanlagen am Pipenbach und der großen Terrasse vor dem Südflügel der Klausur. An dem steilen Hang ist heute keine der auf der Vedute dargestellten Geländestufen mehr abzulesen. Eine weitere tiefgreifende Veränderung im Bereich des ehemaligen Konventgartens, der Bau der modernen Fahrstraße entlang des Südflügels, hat an der Südostecke der Klausurgebäude zu einer mächtigen Anschüttung geführt, die sich im Gelände nach Süden in einer scharfen Linie von der Gartenfläche absetzt. Die Veränderung, die das Erscheinungsbild des ganzen Gartens aber sicher am nachhaltigsten beeinflußt hat, war die Errichtung eines Stallgebäudes auf der großen Terrasse in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Durch die Lage des Baus nahe der Mitte der Fläche und seine Ausrichtung parallel zu den Konventgebäuden war der räumliche Bezug der Gartenanlage zur Südfassade des Klosters nicht mehr zu erfassen. Glücklicherweise haben aber die Fundamente und Grundleitungen dieses mittlerweile abgerissenen Gebäudes, wie sich zeigen sollte, nur zu geringen Verlusten bei den archäologischen Befunden geführt.
Um einen umfassenden Eindruck vom Erhaltungszustand und Umfang der zu erwartenden Bodenfunde im Bereich des Konventgartens zu gewinnen wurde zunächst eine geomagnetische Prospektion der Flächen durchgeführt. Ausgehend von der Tatsache, daß die Reste von Bautätigkeiten im Untergrund zu einer meßbaren Veränderung des natürlichen Magnetfeldes führen, läßt sich mit dieser Methode gewöhnlich ein erstaunlich klares Bild von den im Boden verborgenen Strukturen erschließen. Leider blieben die Untersuchungen in diesem Fall durch die spezifischen Bedingungen, nämlich einen besonders hohen Eintrag von Metallgegenständen durch moderne Bewirtschaftung der Flächen, weitgehend ergebnislos. Im Frühjahr 2004 wurde daher mit archäologischen Sondagen begonnen. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, ob und in welchem Umfang unter dem heutigen Geländerelief mit baulichen Resten der klosterzeitlichen Gartenanlage zu rechnen ist. Ziel sollte sein, eine Gefährdung der eventuell vorhandenen Strukturen durch die anstehenden Erschließungsmaßnahmen zu verhindern und diese Befunde‚ wo dies möglich erschien für eine museale Präsentation zu erschließen.
Es wurde zunächst eine Anzahl von Suchschnitten entlang der mittleren Wegachse angelegt. (Abb. 5) Die Erkenntnisse aus diesen Befunden konnten im Laufe des Baufortschritts im Bereich des Gäste- und Südflügels durch die Anlage weiterer Grabungsflächen ergänzt werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen lassen sich stichpunktartig wie folgt zusammenfassen.
Die Wege konnten nur in der Mitte der obersten Terrassen als Senke oder Rinne nachgewiesen werden. Von einem eventuell ursprünglich vorhandenen Belag, etwa einer Kies- oder Schotterschüttung, hat sich nichts erhalten.
Die Mauer im Westen der Hauptterrasse scheint noch längere Zeit nach der Aufgabe des barocken Gartens sichtbar gewesen zu sein. Sie war auf der gesamten Länge bis zu 1,5 m hoch erhalten und konnte in ihrer ganzen Länge von der Treppenanlage vor dem Gästeflügel bis zur Treppe am südlichen Ende der Terrasse ergraben werden. Abgesehen von einer Störung durch eine moderne Schmutzwasserleitung war die Mauer nur im oberen Bereich zerstört, wobei die Mauerkrone offenbar durch natürliche Einflüsse auf die große Terrasse herabgestürzt war, die sich dadurch zu einer steilen Böschung verändert hat. Nach dem Entfernen des Schutts fanden sich sogar noch Reste der Verankerung eines Spaliers und ein Blumentopf am Fuß der Mauer in situ.
Auch die nördliche Treppe direkt vor dem Gästeflügel befand sich noch in situ. Allerdings deutet hier die Fundlage darauf, daß die Treppenstufen in der Domänenzeit neu verlegt wurden. Die Wangen der ca. 3 m breiten Mitteltreppe in der großen Mauer zeigen eine Eckquaderung aus Sandstein, während die Befestigungsmauer selbst aus dem lokal vorhandenen Kalksteinmaterial besteht. Die Sandsteinstufen der Treppenanlage waren wie bei der Treppe am südlichen Ende der Mauer bis auf geringe Reste entfernt. Ein quadratisches Fundament in der Mittelachse vor der Treppenanlage könnte zu einer Gartenskulptur gehört haben.
Das runde Brunnenbecken auf der großen Terrasse zeichnete sich im Grabungsfortschritt zunächst nur durch eine dicke hellgraue Lehmschicht ab. Das ortsfremde Material diente offenbar als Abdichtung des Wasserbeckens zum anstehenden Felsen. Als die durch Witterungseinflüsse veränderten oberen Schichten des Lehmpakets abgetragen waren, konnten in der Mitte der Vertiefung noch einige wenige Sandsteinplatten vom Bodenbelag des Beckens geborgen werden. Aus diesen Stücken und vor allem aus den vorgefundenen Kalksteinen, mit denen der Plattenbelag unterfüttert war, läßt sich schlußfolgern, daß der Boden des Brunnens wohl mit bogenförmigen Sandsteinplatten ausgelegt war. Dabei scheinen die Segmente ein Fugenbild mit konzentrischen Kreisen gebildet zu haben. Eine umfassende Auswertung der Funde steht allerdings noch aus. In der Ausbruchgrube des kreisrunden Beckens von ca. 5,5 m Durchmesser wurde auch ein plastisch ausgearbeitetes Steinfragment, ein Rest einer Volute oder eines floralen Motivs gefunden: Vielleicht handelt es sich dabei um ein Fragment der Brunnenskulptur. Ein Ausbruchgraben bzw. die Reste eines mit Steinplatten ausgekleideten Kanals sind als Teile der Wasserversorgung zu deuten, wobei die Fragen nach dem exakten Verlauf der Leitungen und dem Standort eines zwingend vorauszusetzenden Wasserspeichers zum gegenwärtigen Stand der Untersuchung noch nicht beantwortet werden können.
Durch einen Hangschnitt an der steilen Böschung zu dem unteren Teil des Gartens konnte bewiesen werden, daß die Terrasse nach Osten nicht durch eine Mauer befestigt war, wie dies auch die Darstellung in der Vedute nahe legt. Die Treppe am südlichen Ende der Hangstufe war archäologisch bisher nicht nachzuweisen. Dagegen konnte von der breiten Mitteltreppe der gesamte Unterbau freigelegt werden. Wieder waren die Sandsteinstufen bis auf wenige Reste entfernt, die Untermauerung aus Kalkstein dagegen vollständig erhalten, bis hin zu den kleinen Schieferplättchen, die offenbar zum Unterkeilen der einzelnen Stufenblöcke dienten. Die Treppe auf der nördlichen Wegachse scheint bei der Anlage der modernen Straße größtenteils zerstört worden zu sein und war nicht nachweisbar.
Unterhalb der Treppenanlagen fällt das Gelände heute in gleichbleibender Neigung bis zum Talgrund. Von den beiden auf der Vedute dargestellten Terrassen ist nichts mehr zu sehen. Allerdings konnten direkt oberhalb des quadratischen Brunnens, an der Stelle, wo in dem Gemälde eine Hangstufe zu sehen ist, auf ca. 15 m Länge die Reste des Mühlkanals freigelegt werden. Der ergrabene Zustand dokumentiert dabei vor allem die letzte domänenzeitliche Ausbaustufe des Kanals. Die in großer Anzahl der dort in Zeitverwendung vermauerten Bodenplatten aus dem Brunnenbecken und die seitliche Führung eines Absperrschiebers aus Walzeisen belegen diese Datierung. An einigen Stellen waren aber noch Reste einer früheren Bauphase des Kanals unter den jüngeren Mauern zu erkennen, die sich durch die deutlich sorgfältigere Mauertechnik und eine leicht versetzte Lage auszeichnen. Bei einer Untersuchung an einer Stelle weiter südlich zeigte sich, daß dieser ältere Kanal mindestens teilweise überwölbt gewesen sein muß, während der jüngere offen geführt war.
Dass auf Höhe des Mühlkanals ursprünglich tatsächlich eine Mauer vorhanden war, ließ sich in dem Graben zwischen den Klausurgebäuden und der modernen Straße nachweisen. Hier konnte ein Teilstück dieser Mauer mit einer Höhe von fast 2 m freigelegt werden. Hinunter zur nächsten Terrasse – mit dem quadratischen Wasserbecken – führte wieder eine Treppe. Allerdings wurde diese hier von dem Mühlkanal gekreuzt, der offenbar direkt vor der Terrassenmauer verlief. Um die Wasserführung zum Gerinne der Mühle zu ermöglichen wurde die Treppe daher über ein der Mauer vorgelagertes Gewölbesegment geführt. In seinem weiteren Verlauf entlang der Südfassade war der Kanal direkt in den anstehenden Felsen eingearbeitet.
Besonders eindrucksvoll sind die Befunde zu dem großen quadratischen Brunnenbecken auf dieser letzten Gartenterrasse. Der Aufbau des Bassins kann anhand der geborgenen Spolien weitestgehend rekonstruiert werden. Es handelte sich dabei um eine aufwendige Konstruktion aus massiven Sandsteinplatten. Die Bodenplatten waren mit einer Falzverbindung aneinander gefügt und mit bleivergossenen Eisenklammern gesichert. Die Seitenwände der Becken bildeten aufrechtstehende Quader, die mit V-förmigen Nuten in die Bodenplatte eingelassen und untereinander verbunden waren. Die Quader waren mit einem sehr harten Trassmörtel verfugt. Wie auch bei dem runden Brunnen war das Becken zusätzlich mit einer mächtigen Lehmpackung nach unten abgedichtet. Eine kleine Aussparung in der hangseitigen Mauer könnte die Frischwasserzuleitung aufgenommen haben. Die Leitungen selbst haben sich nicht erhalten. Daher kann auch gegenwärtig nicht geklärt werden, ob es tatsächlich in der Mitte des Brunnens eine Fontäne gab wie in der Schonlau-Vedute abgebildet. Sollte eine solche aber existiert haben und annähernd so hoch aufgestiegen sein wie in der Darstellung, müßte auch eine Druckwasserleitung vorhanden gewesen sein. Ohne Wasserspiel hätte wohl auch der Niveauunterschied zum Mühlkanal ausgereicht, um das Becken mit Wasser zu versorgen. Das Aussehen des Ablaufs des Brunnen läßt sich im Gegensatz zur Wasserzuleitung aus den ergrabenen Resten ganz exakt rekonstruieren. Der entsprechende Quader aus dem Plattenbelag liegt noch in situ. (Abb. 6) In einer ringförmigen Vertiefung um den Auslauf muß ein Rohr verankert gewesen sein: Die Dübellöcher deuten dabei auf ein Metallrohr, das mit seiner Länge die Füllhöhe des Beckens bestimmt hat. Das überschüssige Wasser lief durch dieses Rohr, die Bodenplatte und eine gemauerte Rinne ab. Durch die Ergebnisse der Grabungen können somit alle wesentlichen in dem Gemälde von etwa 1740 dargestellten baulichen Strukturen nachgewiesen werden.
Die Aufgabe der Gartenanlage scheint nach der Auflösung des Klosters planmäßig und in kurzer Zeit stattgefunden zu haben. Dabei wurden offenbar zunächst alle Werksteine aus den Brunnen und den Treppenanlagen entlang der Mittelachse entfernt und dann die verbliebenen Bodenöffnungen mit der Unterkonstruktion der Treppen und Becken einheitlich verfüllt. Vielleicht kann dies mit den Renovierungsarbeiten nach dem großen Brand von 1838 in Verbindung gebracht werden, als größerer Bedarf an Baumaterial bestanden haben dürfte. Jedenfalls fanden sich in den Verfüllungen teilweise Brandschutt und Dachschiefer. Eine große Anzahl der Bodenplatten aus dem quadratischen Wasserbecken wurde in dem in der Domänenzeit neuangelegten Mühlkanal wiederverwendet. Die Nutzung der Gartenflächen scheint sich allerdings trotz der Umgestaltungen nach der Auflösung des Klosters nicht wesentlich verändert zu haben. Noch ein Vermessungsplan von 1868 benennt den oberen Bereich des großen Gartens als „Baumgarten“. Die Wege direkt an den Klausurgebäuden und im Süden der Terrassen haben offenbar ebenfalls noch einige Zeit weiterbestanden. Nach Augezeugenberichten war die vor dem Gästeflügel ergrabene Treppe sogar noch in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in Gebrauch und wurde erst beim Bau der heutigen Fahrstraße überdeckt und aufgegeben.
Text : Matthias Preißler
(Fußnote: Der Beitrag wurde auch veröffentlicht in: Jens Schneider (Hg.), Klosterforschung. Befunde, Projekte, Perspektiven (München 2006) = Mittelalter Studien Bd. 10, 83-96.)